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Fragen un Antworten

Nach der Diagnose einer mitochondrialen Erkrankung ergeben sich viele Fragen. Die aus der klinischen Praxis am häufigsten gestellten Fragen, haben wir hier zusammengefasst.

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Themenübersicht

Was versteht man unter einer Mitochondriopathie? Mein Kind leidet an einer Mitochondriopathie und Epilepsie, was kann ich tun?

Was ist die Ursache einer Mitochondriopathie?

Was kann man tun, wenn ein Kind mit einer Mitochondriopathie unstillbar erbricht?
Was ist ein Leigh Syndrom? Welche Untersuchungen sollten regelmäßig durchgeführt werden?
Was sind Symptome und klinische Zeichen eines Leigh Syndroms? Welche Medikamente sollte man vermeiden?
Welche Therapien gibt es für Mitochondriopathien? Wie kann man Kinder mit einer Mitochondriopathie fördern?
Wie soll ein Kind mit Mitochondriopathie ernährt werden? Wie hoch ist das Wiederholungsrisiko ein Kind mit einer Mitochondriopathie zu bekommen?
Sollen Kinder mit einer Mitochondriopathie geimpft werden? In welchen Fällen ist eine vorgeburtliche Diagnostik möglich?

Was versteht man unter Mitochondriopathie?

Der Begriff „Mitochondriopathie“ umfasst eine große Gruppe von Krankheiten, bei denen die Funktion der Mitochondrien gestört ist. Mitochondrien sind die Energiekraftwerke der Zelle, welche die über den Darm aufgenommenen Nahrungsstoffe (Kohlenhydrate, Fette, Eiweiß) in die körpereigene „Energiewährung“ ATP umwandeln. Mit diesem ATP kann der Körper dann alle möglichen Prozesse durchführen, die mit Energieverbrauch einhergehen, also z.B. die Bewegung und Kraftentwicklung der Muskeln, das Funktionieren der Drüsen, der Sinnes- und der inneren Organe, das Denken und vieles andere mehr, also all die Vorgänge, die wir als „Leben“ bezeichnen.

Jeden Tag setzt der Körper ungefähr sein eigenes Gewicht an ATP um, welches ständig durch die Mitochondrien aus ADP zurückgewonnen wird. Jede Zelle besitzt hunderte bis tausende Mitochondrien. Die Mitochondrien sind sehr leistungsfähig, sodass wir im Alltag nur etwa 20-30% ihrer maximalen Leistungsfähigkeit ausschöpfen. Nur beim Leistungssport und extremer Anstrengung kommt man auf maximal 80% Ausschöpfung. Bei Kindern und Erwachsenen mit einer reduzierten Mitochondrienfunktion kann es sein, dass die Mitochondrien schon im normalen Alltag an ihrer Leistungsgrenze arbeiten und ihre Leistung nicht noch weiter gesteigert werden kann. Überschreitet dann der Energiebedarf des Körpers das Energieangebot der Mitochondrien, kann es zu einer Stoffwechselkrise (metabolische Azidose = Übersäuerung) kommen, die die inneren Organe und das Gehirn schädigen. Solche Situationen sind z.B. Infekte mit Fieber, Nahrungsverweigerung, Gastroenteritis und längerer Hungerperioden.

Neben der ATP-Produktion greifen die Mitochondrien auch wesentlich in den Kalzium-Stoffwechsel ein, der für die Kommunikation zwischen den Zellen, besonders zwischen Nervenzellen des Gehirns eine große Rolle spielt. Die Nervenzellen setzen in Abhängigkeit von ihrer Stimulation Wellen von Kalzium frei mit deren Hilfe die Informationsweiterleitung im Inneren der Zellen bewerkstelligt wird. Kommt es dabei zu Unregelmäßigkeiten, können die Zellen absterben.

Was ist die Ursache einer Mitochondriopathie?

Das Mitochondrion ist aus vielen verschiedenen Eiweißen (Proteinen) aufgebaut, man schätzt deren Zahl auf ungefähr 1500. Mutationen in den Bauplänen (Genen) jeder dieser Eiweiße können potentiell zu einer Störung der Mitochondrienfunktion führen. Für Genetikerinnen ist es eine große Herausforderung, unter den zahlreichen Genen, die für die Mitochondrienfunktion wichtig sind, dasjenige Gen zu finden dessen Störung die Krankheit bei einem bestimmten Patienten auslöst. Diese Suche hat sich in den letzten Jahren durch neue Gensequenzierungsverfahren (Next Generation Sequenzierung, Exom-Sequenzierung und Genomsequenzierung) wesentlich vereinfacht. Aber dennoch findet man mit heutigen Methoden nur bei 50-60% der Patienten die zugrundeliegenden Mutationen.

Was ist ein Leigh Syndrom?

Beim Leigh Syndrom handelt es sich typischerweise um eine Erkrankung des Gehirns, bei der bestimmte Areale besonders gefährdet sind, Schaden zu nehmen. Dies sind vor allem die Basalganglien, also Nervenstrukturen im Inneren des Großhirns, die eine wichtige Rolle bei der Koordination von Bewegung und Muskelanspannung spielen. Wir haben herausgefunden, dass bestimmte Nervenzellen (auch „dopaminerge Neuronen“ genannt) der Basalganglien besonders empfindlich auf eine Störung der Kalzium-Signale reagieren. Weiterhin kann der Hirnstamm geschädigt werden, was zu Schluckstörungen, Erbrechen & Übelkeit und Atemstörungen führen kann.

Was sind die Symptome und klinische Zeichen eines Leigh Syndroms?

Kinder mit einem Leigh Syndrom können sich zunächst normal entwickeln, bei anderen besteht aber auch schon von Geburt an eine Muskelschwäche und Entwicklungsstörung. Bei Kindern kann schon früh eine Epilepsie auftreten, vornehmlich mit myoklonischen Anfällen, d.h. Anfällen mit „Muskelzittern“. In den meisten Fällen kommt es aber erst im Rahmen einer Infektion oder fieberhaften Erkrankung zu einer plötzlichen Verschlechterung der Muskelkraft, der Atmung und Ansammlung von Milchsäure (Laktat) im Blut, so dass erst dann der Verdacht auf ein Leigh Syndrom gestellt wird. Die Bestätigung eines Leigh Syndrom geschieht dann durch die Kernspintomographie des Gehirns, in dem man die typischen Veränderungen in den Basalganglien und im Hirnstamm findet. Bei mehr als 50% der Kinder gelingt es, auch den zugrundliegenden Gendefekt zu identifizieren.

Welche Therapien gibt es für Mitochondriopathien?

Ziel einer unterstützenden Therapie sollte es sein, vor allem die oben genannten Stoffwechselkrisen zu vermeiden. Dies bedeutet unter anderem, bakterielle Infektionen schon bei Verdacht antibiotisch zu behandeln und das Kind möglichst nicht mit fiebernden Kindern in Kontakt bringen. Falls eine Stoffwechselkrise auftritt, sollten die Eltern dies schon früh als Notfall auffassen und sofort die Notfallambulanz einer Kinderklinik aufsuchen. Günstig ist, wenn die Eltern einen Notfallplan von den behandelnden Ärzten und Ärztinnen bekommen, den sie im Notfall in einer Kindernotfallambulanz vorlegen können, in dem genau steht, wie man solch einer Stoffwechselkrise begegnen kann, um diese möglichst schnell zu beenden.

Im Rahmen solcher Stoffwechselkrisen können sich die Kinder rapide verschlechtern. Es kann dann sehr lange dauern, bis sie den Entwicklungszustand vor der Krise wieder erreicht haben, es kann aber auch sein, dass sie ihn nicht mehr erreichen. Die Analyse zahlreicher Krankengeschichten hat ergeben, dass die Prognose einer Mitochondriopathie im Wesentlichen davon abhängt, wie man Kinder vor Infektionen und metabolischen Krisen schützen kann.

Wie soll ein Kind mit Mitochondriopathie ernährt werden?

Eltern sollten auf eine kalorisch ausgewogene und ausreichende Diät achten. Die Kinder können dabei alles essen. Oft besteht Untergewicht, so dass die Eltern eine Ernährungsberatung aufsuchen sollten, um gemeinsam eine Anreicherung der Diät zu erarbeiteten (z.B. mit Maltodextrin). Wichtig ist, kleine Mahlzeiten öfters am Tag zu verabreichen, um unter allen Umständen längere Hungerperioden zu vermeiden. Sollten die Kinder aufgrund von Durchfall oder Magen-Darm-Problemen nicht essen wollen, sollten die Eltern eine Klinik zur Infusionstherapie aufsuchen.

Sollten sich die Kinder über längere Zeit nicht ausreichend über den Mund ernähren lassen und mit Gewicht abnehmen oder nicht ausreichend zunehmen, wäre unter Umständen eine Sondenernährung oder die Anlage einer PEG-Sonde (Perkutane Endoskopische Gastrostomie) indiziert, über die hochkalorische „Astronautenkost“ direkt in den Magen verabreicht werden kann.

Eine ketogene Diät ist nur bei ganz bestimmten Mitochondrienerkrankungen sinnvoll, bei denen die Verstoffwechselung von Fettsäuren die der Kohlenhydrate teilweise ersetzen kann. Dies gilt für einen Pyruvatdehydrogenase-Mangel und mit Einschränkung für einen Komplex I-Mangel. In besonderen Fällen kann die ketogene Diät ggf. unabhängig vom biochemischen Defekt zur Behandlung einer schweren Epilepsie oder epileptischen Enzephalopathie eingesetzt werden.

Nahrungsergänzungsmittel: Substanzen, die therapeutisch bei Mitochondriopathien verordnet werden, für die es allerdings keine Studien-basierte Evidenz einer Wirksamkeit gibt sind: Coenzym Q10 (10 mg/kg/d; verbessert den Elektronentransport entlang der inneren Mitochondrienmembran), L-Carnitin (100 mg/kg/d; verbessert die Aufnahme von Fettsäuren in die Mitochondrien) und Biotin (10 mg/d; ist Kofaktor verschiedener Carboxylasen).

Sollen Kinder mit Mitochondriopathie geimpft werden?

Da Kinder mit Mitochondriopathien besonders infektgefährdet sind, ist eine gute und vollständige Immunisierung besonders wichtig. Bislang gibt es keine wissenschaftlichen Studien, die besagen, dass Impfstoffe mitochondriale Erkrankungen verursachen oder verschlimmern können. Es ist bekannt, dass bestimmte Krankheiten, welche man durch Impfungen verhindern kann (wie z.B. die Grippe), bei gefährdeten Kindern eine metabolische Krise und Entwicklungsrückschritte auslösen können.

Die üblichen Kontraindikationen für Impfungen (z.B. bestehender Infekt) gelten wie für gesunde Kinder. In den Medien gab es in der Vergangenheit immer wieder Berichte, die eine Verschlechterung einer Mitochondrienerkrankung mit einer Impfung in Zusammenhang gebracht haben. Die WHO hat diese Daten untersucht und ist zu dem Schluss gekommen, dass sehr wahrscheinlich kein solcher Zusammenhang besteht und diese Erkenntnisse im WHO-Bericht vom 17-18 Dezember 2008 veröffentlicht. Es muss aber noch weiter geforscht werden, um festzustellen, ob es nicht doch seltene Fälle gibt, in denen mitochondriale Störungen durch etwas ausgelöst werden können, das mit Impfungen zusammenhängt. Wir wissen jedoch, dass Impfungen für die meisten Kinder eine sichere und wichtige Methode sind, um sie vor lebensbedrohlichen Krankheiten zu schützen.

Mein Kind leidet an einer Mitochondriopathie und Epilepsie, was kann ich tun?

Im Rahmen von Mitochondrienerkrankungen, die ja besonders Gewebe mit hohem Energiebedarf betreffen (Muskel, Gehirn, endokrine Organe, Sinnesorgane), kann es im Verlauf der Erkrankung zu epileptischen Anfällen kommen. Diese müssen dann oft medikamentös behandelt werden. Dafür gut geeignete Medikamente der ersten Wahl wären Levetiracetam (Keppra®) und Lamotrigin (Lamictal®). Auf keinen Fall darf Valproinsäure eingesetzt werden, da es hierunter zu schweren Nebenwirkungen an der Leber kommen kann. Die Behandlung von Kindern mit Mitochondriopathien und Epilepsien gehört in die Hand eines spezialisierten Zentrums für pädiatrische Epileptologie.

Was kann man tun, wenn Kind mit einer Mitochondriopathie unstillbar erbricht?

Aufgrund der Störung der Hirnstammfunktion kann es bei einigen Kindern zu längeren Episoden von Erbrechen und Übelkeit kommen. Es handelt sich dabei meist um „zentrales Erbrechen“, d.h. eine übermäßige Stimulation des Brechzentrums im Hirnstamm, ohne dass ein Magen-Darm Problem vorliegt. In solchen Fällen sollte man ein zentral wirksames Antiemetikum (z.B. Ondansetron®) anwenden. Dieses Medikament ist verschreibungspflichtig und sollte nur von Ärzten verordnet werden, die sich in der Behandlung von Mitochondriopathien auskennen.

Welche Untersuchungen sollten regelmäßig durchgeführt werden?

Da es sich bei Mitochondriopathien um eine multisystemische Erkrankung handelt können verschiedene Organsysteme betroffen sein. Ärzte empfehlen daher regelmäßige (jährliche) Untersuchungen des Herzens (Echokardiographie und EKG), des Blutdrucks, des Stoffwechsels (Hba1c, Blutbild, Leberwerte, Laktat, Pyruvat, Ammoniak), des Gehörs (Schwellenaudiometrie), des Sehens (Augenhintergrundspiegelung, Visus-Testung, Perimetrie) und der allgemeinen und motorischen Entwicklung des Kindes. Eine regelmäßige MRT Kontrolle ist nicht erforderlich, da sich daraus ohne spezifische Fragestellungen keine therapeutischen Konsequenzen ergeben.

Welche Medikamente sollte man vermeiden?

Medikamente, welche die Mitochondrienfunktion beeinträchtigen oder bei deren Abbau und Ausscheidung die Mitochondrien eine wichtige Rolle haben, sollten man nur mit Vorsicht einsetzen oder ganz vermeiden. Dies sind z.B. Valproinsäure und Phenobarbital (Antiepileptikum); Aminoglykoside, Chloramphenicol, Tetrazykline (Antibiotika); Metformin (Antidiabetikum), und L-DOPA Antagonisten (z.B. Risperidon, Beruhigungsmittel).

Sollte eine Narkose erforderlich sein, sollte diese triggerfrei erfolgen. Propofol ist ein bei Mitochondriopathien in der Regel gut verträgliches Narkotikum, wobei man auf metabolische Komplikationen (Azidose) achten muss und möglichst keine Langzeitsedierungen damit vornehmen sollte da es, über längere Zeit verabreicht, Mitochondrien-toxisch sein und sogar zu einem Propofol-Infusionssyndrom führen kann.

Bei jedem neuen Medikament sollten Sie mit Ihren Ärzten erörtern, ob dieses bei Mitochondriopathien problemlos gegeben werden kann.

Wie kann man Kinder mit einer Mitochondriopathie fördern?

Kinder mit Mitochondrienerkrankungen können zahlreiche Probleme haben, auf die man individuell eingehen muss und man schauen sollte, ob es Fördermöglichkeiten im entsprechenden defizitären Bereich gibt. Hier wären Ergotherapie und Physiotherapie zur Förderung der Motorik, der Muskelkraft und des Gleichgewichts als auch Logopädie zur Förderung der Sprechentwicklung zu nennen. Die regelmäßige multidisziplinäre Betreuung des Kindes in einem Sozialpädiatrischen Zentrum ist sinnvoll.

Wie hoch ist das Wiederholungsrisiko, ein Kind mit einer Mitochondriopathie zu bekommen? Wie werden Mitochondriopathien vererbt?

Die Eiweiße des Mitochondriums sind zum einen durch die DNA des Zellkerns und zum anderen durch die DNA im Mitochondrium selbst, der sogenannten mitochondrialen DNA (mtDNA) kodiert. Mutationen, die eine Mitochondriopathie verursachen, können daher sowohl in der Kern-DNA als auch in der mtDNA zu finden sein.

Die am häufigsten vorkommenden Mutation in der mtDNA liegen im MT-ATP6 Gen, einem Gen, das eine Untereinheit der ATPase kodiert, welche direkt an der ATP Produktion im Mitochondrium beteiligt ist. Mutationen an anderen Positionen der mtDNA können die mitochondriale Eiweiß Synthese beeinträchtigen und z.B. ein MELAS oder eine MERRF Syndrom verursachen. MELAS ist das Akronym für Mitochondriale Enzephalopathie Laktatazidose und Schlaganfall-ähnliche Episoden, MERRF steht für Myoklonus-Epilepsie mit Ragged-Red-Fibers. Ragged-red-fibers sind Muskelfasern, die speziell in der Muskelbiopsie bei diesen Patienten gefunden werden.

Alle Mutationen in der mtDNA werden über die Eizelle der Mutter vererbt. Jede Eizelle trägt ca. 50.000 mtDNA Kopien in sich und bei Überträgerinnen liegt in der Regel in einer Mischung von gesunden und mutierten mtDNA-Kopien in den Eizellen vor. Den Prozentsatz dieser Mischung nennt man Mutationslast oder Heteroplasmiegrad. Liegt der Heteroplasmiegrad unterhalb einer bestimmten Schwelle, haben die betroffenen Menschen keine Symptome. Überschreitet der Heteroplasmiegrad einen bestimmten Schwellenwert, beginnen erst leichte und bei höherer Mutationslast auch schwerere Symptome der Erkrankung. Jede Mutation hat dabei ihren eigenen Schwellenwert. Dies kann bedeuten, dass Mütter von Kindern mit einer mtDNA-bedingen Mitochondriopathie selbst klinisch gesund sind. Ihre Eizellen können aber ganz unterschiedliche Heteroplasmiegrade aufweisen, von 0 bis 100%. Je höher die durchschnittliche Mutationslast der Frau ist, umso höher ist auch der Prozentsatz ihrer Eizellen mit hoher Mutationslast.

Andere Mutationen, welche zu einer Mitochondriopathie führen können, sind auf den Chromosomen des Zellkerns lokalisiert. Betroffene Eiweiße sind Untereinheiten der Atmungskettenkomplexe oder sogenannte Assembly-Faktoren (z.B. SURF1), die beim Zusammenfügen der Atmungskettenkomplexe helfen. Diese Gendefekte werden meistens autosomal rezessiv vererbt. Dies bedeutet, dass die Eltern welche eine gesunde und eine betroffene Genkopie aufweisen, gesund sind, da die gesunde Kopie die Funktion der betroffenen Kopie ausgleichen kann. Wenn das Kind aber zufällig von jedem Elternteil eine betroffene Kopie erbt, tritt die Erkrankung in Erscheinung.

Bei jeder Befruchtung der Oozyte durch ein Spermium werden die Genkopien (Allele) zufällig neu zusammengestellt. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 25% können dabei die zwei kranken Allele beider Eltern zusammenkommen, so dass das Kind erkrankt. Die Wahrscheinlichkeit von 25% besteht unabhängig davon, wie viele gesunde oder kranke Kinder in der Vergangenheit schon geboren wurden.

In welchen Fällen ist eine vorgeburtliche Diagnostik möglich und wie wird diese durchgeführt?

Bei einer Pränataldiagnostik (=vorgeburtlichen Diagnostik) wird der genetische Status des noch ungeborenen Kindes im Mutterleib bestimmt.

Eine Pränataldiagnostik mittels Chorionzottenbiopsie wird in der Regel in der 12.-14. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Hierfür werden aus dem Mutterkuchen (Placenta) unter Ultraschallkontrolle Chorionzotten gewonnen. Die Chorionzotten sind mit dem fetalen Gewebe genetisch identisch. Es ist daher möglich, nach molekulargenetischer Untersuchung der Chorionzotten Rückschlüsse auf den genetischen Status des noch ungeborenen Kindes zu ziehen (z.B. das Vorhandensein bestimmter Mutationen). Gleichzeitig kann im Rahmen der Chorionzotten-Untersuchung eine numerische Chromosomenaberration ausgeschlossen werden. Eine Chorionzottenbiopsie ist allerdings mit einem um 0,5-4,0% (je nach Studie) erhöhten Fehlgeburtsrisiko verbunden.

Ist bei einem rezessiven Vererbungsmodus der Gendefekt bekannt, kann man die Betroffenheit des Fetus mit einer relativ hohen Sicherheit vorhersagen. Liegt der Gendefekt allerdings in der mtDNA, dann ist aufgrund verschiedener Mutationslast und der Verteilung der Mutationslast auf unterschiedliche Gewebe des ungeborenen Kindes nur eine ungenaue Vorhersage möglich. Die Pränataldiagnostik für mtDNA Mutationen kann grundsätzlich nur dann angeboten werden, wenn die Mutation auf dem MT-ATP6 Gen liegt. Nach dem deutschen Gendiagnostikgesetz ist vor und nach der Pränataldiagnostik eine genetische Beratung vorgeschrieben.